Spezies Künstlerin

Ablauf
In einer öffentlichen Vitrine in einer als Künstlerateliers umfunktionierten Einkaufspassage lässt sich die Künstlerin für 8 Stunden einsperren. In der Vitrine befindet sich ein auf Menschengröße zugeschnittenes Häuschen, wie es in Hasenställen üblich ist. Die Vitrine ist mit Hasenstreu und Heu ausgelegt. Die Künstlerin ist nur mit drei Decken die sie von der Arbeiterwohlfahrt erhalten hat, ausgestattet. Darunter ist sie nackt. An oberen Rand der Vitrine befindet sich ein Klappe, über die ihr Nahrung zugeführt werden kann. Außer den von den Passantinnen zugeführten Lebensmitteln erhält die Künstlerin keine Nahrung. An der Vitrine hängt folgender Aushang:

Im Laufe des Tages bringen die Passanten der Künstlerin u.a. folgende Sachen: 2 Butterbrezeln, 1 Kekspackung, einen Schoko-Osterhasen, 2 Flaschen Bier, 2 Tassen Kaffee, Gurke , 2 Bananen, 2 Äpfel, einen Brief, 1 Tasse Tee, 1 Doppelkeks, 2 Orangen, 2 kleine Flaschen Wasser, 2 kleine Flaschen Saft, eine Decke. Trotz großem Hunger werden die meisten Lebensmittel von der Künstlerin nur probiert und nicht aufgegessen. 3 Mal uriniert sie in einer Ecke in den dafür vorgesehenen Streu. 2 Mal fällt sie für kurze Zeit in den Schlaf.

Konzept
Bei meinem Aufenthalt in der Vitrine habe ich wahrgenommen, dass ich eine hochgradige Bewegungsunlust verspürt habe. Es ist mir äußerst schwergefallen, meinen Sitzplatz zu wechseln. Dass ich, trotz Hunger die Lebensmittel nur probiert, aber meist nicht aufgegessen habe, lag meiner Meinung nach daran, dass ich keinen Sinn darin gesehen habe, mir Energie zuzuführen, wenn ich sie nicht ausleben kann. In meiner Aufmerksamkeit war ich weniger bei mir und viel mehr bei dem, was außerhalb der Vitrine passiert ist.

Wenige Passantinnen haben sich, außer der wirklich aufmerksamen Beteiligung mittels Lebensmittelgaben, mit mir beschäftigt. Was versteht der ein Kunstrezipient unter Fürsorge für eine KünstlerIn? Steht der Mensch und sein blankes Überleben im Vordergrund oder benötigt eine Künstlerin auch „Nahrung“ in andere Form? Ist künstlerischer Exhibitionismus abstoßend oder korreliert er mit den voyeuristischen Bedürfnissen des Publikums? Das eingeworfene Schriftstück und eine wärmende Decke von am Projekt teilnehmenden Künstlern, interpretiere ich als eine Möglichkeit von Solidarisierung unter Künstlern.