Zier mich

Ablauf
Die Künstlerin und ihre Assistentin zerkleinern das Wachs und schmelzen es ein. Zuerst wird der am Boden liegende Teil des Kleides mit Wachs und Blüten verziert. Dann begibt sich die Künstlerin selbst in das Kleid und wachst sich mit Hilfe ihrer Assistentin ein, bis selbst ihr Kopf mit Wachs und Blüten dicht bedeckt ist.
Nach einer meditativen Ruhepause, begleitet von Saxophonklängen erwacht die erstarrte Wachsskulptur zum Leben. An ihrem endgültigen Standplatz angekommen, löst sich die lebende Künstlerin aus der verzierten Wachshaut.

Konzept

In der Performance versuche ich, den verletzbaren Körper aus Fleisch und Blut, dessen Fähigkeiten durch Schwerkraft und Körperfunktionen begrenzt sind, in ein Wesen, das der menschlichen Existenz diametral entgegen steht, ist zu verwandeln.

Das Wesen ist durchscheinend und filigran, aus Wachs. Die Entstehung der schützenden Hülle ist schmerzhaft. Es ist eine Hülle für den lebenden menschlichen Körper. Wachs dient der Konservierung von Wertvollem und wurde benutzt für heilende Salben. Dennoch ist es, besonders in ausgehärteter Form eine zerbrechliche Materie. Die nach der Performance zurückbleibende Skulptur ist das Relikt einer Häutung.

Ist es eine der Schutzhülle, die sich der Mensch unter Schmerzen zulegt, um nicht zu durchlässig zu sein für wahres Fühlen, für Spiritualität und göttliche Schwingungen? Kann ein Mensch diese Haut überhaupt ablegen, ohne zu verletzlich zu werden?
Oder stellt genau diese Haut das spirituelle Potential dar? Oder der von der Hülle gelöste Körper?

Wer ist nun was?  Beinhaltet der leibliche Körper bereits den Geistkörper? Durch die Ablösung des einen vom anderen Körper bin ich fähig beide zu sehen. Es bewirkt ein Erkennen des Möglichen, des Potentials. Ich kann es sehen, wenn ich nicht verschmolzen bin damit. So ist die Wachshaut ein Sichtbarmachen von Vorhandenen. Symbolisiert den Erkennungsprozess vom Vorhandensein eines spirituellen Leibes. Die Ablösung zeigt, dass ich einen Umgang damit erlernen kann. Mich lösen und einfügen. Nur so kann ich vom Göttlichen in mir profitieren.

Mai 2010, ökumenischer Kirchentag,
Allerheiligen-Hofkirche, München

Dauer: ca 8 Std
Assistenz: Sabine Kuhn

Equipment: 20 kg Wachs, Blüten, ein Kleid aus weißem Baumwollstoff,
Ärmel mit Handschuhen und Kopfbedeckung, Töpfe, Tiegel, Kellen, Messer Hammer, Herd- und Wärmeplatte

Mit freundlicher Unterstützung
des ökumenischen Kirchentages
unter der Leitung von Horst Konietzny

Photos ©Tom Gonsior